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Neue Entwicklungspartnerschaft (develoPPP.de) zwischen RETech Mitgliedsunternehmen und der GIZ zu erweiterten Produzentenverantwortung (EPR) als Teil der Finanzierungsquelle für die Abfallwirtschaft in Tunesien

Hintergrund

In Tunesien führten die Defizite in der kommunalen Abfallwirtschaft immer wieder zu Müllnotständen. Im August 2005 gründete die tunesische Regierung eine nationale Abfallbehörde ANGeD (Angence National de la Gestion des Dechets) die für die Behandlung und Lagerung von Abfällen zuständig ist. Die Sammlung häuslicher Abfälle wird durch die Gemeinden durchgeführt. Die defizitäre Abfallwirtschaft in Tunesien hat neben negativen gesundheitlichen Auswirkungen auf die Bevölkerung auch negative Auswirkungen auf unterschiedliche Wirtschaftszweige, wie z.B. Tourismus, Landwirtschaft und Fischerei. Insbesondere die Leichtfraktionen aus den Verpackungsabfällen tragen durch den windbedingten Eintrag in die Gewässer signifikant zur maritimen Verschmutzung bei. Im Bereich der Abfallbewirtschaftung gibt es eine Reihe von Problemen, die die Einführung einer umfassenden und bedarfsgerechten Abfallwirtschaft zwingend erforderlich machen. Ins Auge fallen dabei Abfälle aus Haushaltungen, die überwiegend aus Verpackungsabfällen bestehen.  

  • Von den im Rahmen der Verpackungsabfälle jährlich anfallenden 55.000 t Plastikabfälle werden derzeit rund 12.000 t durch das sogenannte ECOLEF, einem Getrenntsammelsystem für Verpackungsabfälle erfasst. Das Sammelsystem finanziert sich teilweise über den lokalen Verkaufspreis für Kunststoffe und Papier und teilweise über staatliche Subventionen (The Report on Solid Waste Management in Tunisia, SWEEP-Net, April 2014).
  • Relevante Abfallmengen werden auf wilden Deponien abgekippt.
  • Kapazitäten der kontrollierten Deponien sind teilweise kurzfristig erschöpft.
  • Das Abfallaufkommen steigt.
  • Es gibt keine gesicherte Finanzierung für eine verbesserte Gestaltung der Sammlung, Sortierung, Verwertung und bedarfsgerechten Behandlung von Abfällen.
  • Eine kompetente Kommunikation mit der Bevölkerung findet nur in Ansätzen statt

Für die Bewältigung des bereits hohen und für die nächsten Jahrzehnte weiter steigenden Aufkommens von Haushaltsabfällen ist Verbesserung der Abfallwirtschaft hin zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zwingend erforderlich. Im Wesentlichen bedeutet das, dass Finanzierung und Organisation als wichtigste Grundlagen gesichert sein müssen. Hierfür fehlen aber z. Zt. wichtige Voraussetzungen.

  • ­Die erforderlichen Kosten für eine flächendeckende und umfassende Abfallwirtschaft können über kommunale Gebühren durch die privaten Haushaltungen nicht getragen werden.
  • ­Die Kommunen sind durch andere Aufgaben (Bildung, Gesundheit, Infrastruktur) stark belastet.
  • ­Deponiegebühren dürfen nur in geringem Umfang erhoben werden, da ansonsten die Abfälle eher auf wilde, unkontrollierte Müllkippen gegeben werden.
  • ­Über private Unternehmen bzw. über den informellen Sektor werden nur die Abfälle erfasst, durch die sich ein Verkaufswert erzielen lässt.

Um in Tunesien die bereits erfolgreich implementierten Verwertungsansätze im Sinne einer umfassenden erweiterten Produzentenverantwortung weiter zu entwickeln, haben cyclos, ENVERO und die GIZ sich im Rahmen des developpp.de Programms des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zu einer Entwicklungspartnerschaft zusammengeschlossen. Die Bearbeitung erfolgt im engen Kontakte zur tunesischen Abfallbehörde ANGed, zur Umweltbehörde ANPE und zum Umwelttransferzentrum CITET.

Eine langfristige Sicherung der Finanzierung einzelner abfallwirtschaftlicher Maßnahmen ist jedoch die wichtigste Grundlage für Investitionen im Bereich der Abfallwirtschaft. Das betrifft insbesondere Aufbau und Nutzung einer Sammellogistik sowie Bau und Betrieb von Anlagen. Da die bisherigen Strategien nicht ausreichen, ist es erforderlich, alternative Formen von Organisation und Finanzierung zu prüfen.

Verantwortliche in Tunesien (u. a. Vertreter in den Ministerien und den Wirtschaftskammern) haben diese Situation erkannt und befassen sich verstärkt mit der Frage einer Einführung des Prinzip einer erweiterten Produktverantwortung (Extended Producer Responsibility = EPR). Es fehlt jedoch an Erfahrungen und Kenntnissen sowie know-how beim Aufbau und Implementierung eines EPR-Systems.

Mit einem EPR-System wird die finanzielle Belastung für die Leistungen der Sammlung, Sortierung und Verwertung von Verpackungen (ggf. weiterer Abfallströme) dauerhaft von den Inverkehrbringern übernommen. Die Kosten sind also nicht von den einzelnen Haushalten direkt zu tragen, sondern werden nach dem Verursacherprinzip auf diejenigen in der Bevölkerung die die entsprechenden Artikel kaufen, übertragen, sofern die Inverkehrbringer die Kosten direkt an die Kunden weitergeben. Diejenigen Personen mit einem höheren Konsum zahlen mehr als die konsumärmeren Schichten.

Zielsetzung

Ziel des Projektes ist die langfristige Sicherung der Finanzierung und Organisation einzelner abfallwirtschaftlicher Maßnahmen als  wichtigste Grundlage für Investitionen im Bereich der Abfallwirtschaft. Hierzu sollen Vorbereitungen getroffen werden, um im Rahmen einer erweiterten Produktverantwortung ein landesweites System zur Erfassung und Verwertung von Verpackungen (und ggf. weiterer Artikel, wie Elektrogeräte und Batterien) aufzubauen. Zur Umsetzung der Erfassungs- und Verwertungsstrukturen können auch kleinere Investoren und die Personen, die heute im informellen Sektor arbeiten, in Tunesien tätig werden.

Ziel des Projektes ist, ein EPR-Modell für Tunesien konzeptionell so zu entwickeln, dass es sich nachfolgend in die Praxis überführen lässt und die Akzeptanz und Unterstützung der Regierung sowie der beteiligten Wirtschaft und der Bevölkerung hat.